Archiv für berlin

Horror, Horden und ein Hauch von Ekel!

Posted in ERLEBT!, ERTAPPT! with tags , , , , , , , , , , , on 23. August 2009 by kayservanzoonen

Nachdem der gesamte Sommer vom Hurricane, Splash, Rock am Irgendwo und und und bestimmt war und die, die nicht vier Tage am Stück stinken und schwitzen und durch Modderpfützen rutschen wollen, haben nun ihr ganz eigenes kleines Festival gefunden.

Filmfans aufgepasst, das 23. Fantasy Filmfest hat vergangenen Donnerstag angefangen und lockt nun hunderte Film- und Gruselbegeisterte in die Kinos. In der Regel läuft das, während des 18. – 26. August folgendermaßen ab…

1. Man besorgt sich einen Übersichtsplan (per Netz oder in den rumliegenden Magazinen)

2. Dann markiert man sich alle Filme blutrot an, die man sehen möchte. Das Genre ist klar (Fantasy und Horror) aber die Themen variieren von japanischen Zukunftsvisionsstreifen über lesbische Vampire hin zu Blockbustermaterial oder Homemadeschockern.

3. Nachdem man sich dann alle Filme markiert hat, kommt meist das GRAUSAME Erwachen – du kannst in der Woche gar keinen Film um 14:15 schauen, da du ja arbeiten musst. Also reduzierst du alles auf nach dem Feierabend (Beamte ab 12:00 / Normale ab 19:00) und streichst mit einem schwarzen Edding alle „Nicht-Feierabendfilme“ wieder weg. Doch das Schrecken hört nicht auf….

4. Voller Vorfreude und Gruselgeilheit zählst du nun alle Filme durch, kommst auf neun Stück und stellst wieder mal fest: „..eine Karte kostet 8,00 EUR mal neun mach 72,00 EUR fürs Kino!…whaaaattttttttt“. Also wieder kürzen auf das Minimum…kannst die anderen ja auch saugen, oder im ursprünglichen Kinoalltag sehen, oder warten bis sie dir bei Video World ins Gesicht bluten.

5. Dennoch begeistert machst du dich dann Samstag um 14:00 auf den Weg zum CINEMAXX am Potsdamer Platz. Alle deine Freunde denken du spinnst, bei 26 Grad von 15:00 Uhr bis 02:30 Uhr nachts ins Kino zu gehen, aber die wiederum springen unter Drogeneinfluss nackt auf irgendwelchen Ostwiesen mit anderen unter Duschen herum…so anyway…

6. Wohlwissen, dass du nicht der einzige Cineastennerd bist und alle wahrscheinlich schon kleine Kinoschleifspuren vor Freude in ihren Totenkopfschlüpfern haben, bist du schon ganz früh im Kino angekommen. Die Schlange ist noch kurz, du holst eben drei Liter Coca Cola Light und die größte Popi-Packung die es gibt und stellst dich an die ach so schönen roten (wie Bluuttt ahahahhaha) Absprerrkordeln und wartest auf den Einlass.


Doch dann geschieht es…du hörst deinen Mitmenschen zu. Schaust zu lange, zu oft, zu genau hin. Da ist eine dicke Lesbe mit pink-weißen kurzen angeklatschten Haaren. Sie ist mit drei in schwarz gekleideten, mit Schuppen übersäten Gruftimännern unterwegs. Nur Sie redet. Darüber, wie fies es ist, dass die armen Kinomitarbeiter die Kinotür immer wieder auf und dann wieder zu machen: „…das machen die nur, weil die einen scheiß Job haben und uns ärgern wollen!“ (Ich möchte sie hier gern die pinke-Gruftilesbe nennen = pGE)…Weiter fragt sie lauthals ihren blassen Unterweltkollegen: „Was macht eigentlich dein Knoten in der Brust? Ist der schon besser geworden?“ In diesem Moment schaute ich auf den Mann und seinen Knoten (=MK) und bemerkte: „boahhh MK du hast Männerbrüste!“…okay pGE-Thema abgehackt.

Ich bin ein umgänglicher Junge und warten macht mir auch nichts aus. Die Kinovorhalle füllte sich binnen eines kleinen Augenwinkerns um 200% mit Pendants der pGE…Ich immer noch in meiner Schlange wartend, mit meiner drei Tonnen Coca Cola Light Packung fest in meinen drahtigen Fingern gespannt. Meine andere Hand umklammerte mein salziges Popcorn und schwitzte so langsam das Papier weg (wahrscheinlich auch der Schweiß der Anderen, denn es war heiß zwischen uns allen….).

In meinem Nacken spürte ich einen warmen, feuchten Hauch ekelhaften Atems. Ich hörte ihn schon zuvor ab und an zu, wenn die pGE nicht rumkrakelte. Er war größer als ich – ca. 195 cm. Lange, lockige, fettige mit Ausdünstungen getränkten schwarze Haare. Er trug ein schwarz weiß kariertes Hemd, welches nur mit einem Knopf oberhalb des Bauchnabels zusammengehalten wurde. Die drei Brusthaare waren deutlich für jedermann sichtbar. Seine Trichterbrust auch. Sein Bauch kam nach vorne hervor und seine Hände waren riesig. Dieser Mann atmete mir permanent in den Nacken und seine aufrecht gestellten (wahrscheinlich vor Aufregung) und feuchten Armhaare berührten alle drei Minuten meinen Arm…Dieser Mann meinte zu seiner weitaus älteren Freundin: „Es wäre doch voll lustig, jetzt hier mit einer Kalaschnikow in die Masse zu schießen. Dann könnten wir schnell vor laufen und wären als erster im Kino. Ein Blutbad ist witzig!“


Das war der Moment, wo es für mich gegessen war. Es kreuzte noch eben ein kleiner mitte Zwanzigjähriger in einem grünen T-Shirt ohne Hals, nur Kinn und kleinen Hängebrüsten und schwarzem Oberlippenbart meinen Weg und schon wurden die Tore zum Saale geöffnet und die Horrorkloppis losgelassen. Es wurde geschoben, gebrüllt, gepöbelt, geschwitzt, berührt, verschüttet, angeatmet und und und…Als ich in meinem Platz saß, realisierte ich folgendes:


„Ich war nie ein Musikfestivalfreund. Das ist einfach nichts für mich. Ich habe mich riesig gefreut, auf das Fantasy Filmfest 2009 und habe nach langem hin und her wegen der Spielzeiten und des Geldes und der Mühe, mich doch entschieden dahin zugehen. Nachdem ich letztes Jahr nur ein Film sah, freute ich mich auf dieses Jahr ganz besonders. Aber ich realisierte auch, dass die Mehrheit der Leute diese Woche nutzten, um sich komplett auszuleben und einmal aus ihren Vampier-, Grufti-, Splatterhöhlen raus zu krauchen und auf die echte sozialisierte Welt losgelassen werden. Es war der reinste Horror. Sowohl die Filme, als auch die Menschen. Mit Sicherheit kann man dieses Verhalten durch Platzreservierungen eindämmen, aber was dort mit mir in den Warteschlangen stand, erinnerte mehr an eine Mischung aus Lan-Party-People und skurrilem Zirkus.

Ich denke nächstes Jahr werde ich vorbereiteter sein, um genauer diese Spezies zu untersuchen, doch besteht schon allein bei diesem Gedanken die Gefahr, dass ich einer von denen werde…oder es schon bin?

(die Hauptperson läuft langsam die nebelige Straße der Kleinstadt herunter, das Beil auf dem Boden schleifend, wissend, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist!)

ttyialw GosseGuy

Der Junge, das Huhn und die Gitarre

Posted in ERLEBT!, gosse guys with tags , , , , , , , on 10. August 2009 by kayservanzoonen

Wir beide GossenGuys haben grundsätzlich ein sehr gutes und fröhliches Gemüht. Aber wenn man mal einen Tag frei hat und nicht den Bürosessel strapazieren muss, erlebt man Berlin von seiner nervigsten Seite (Frage am Rande: Warum heißt es eigentlich nicht: Erleben wir Berlin von IHRER nervigsten Seite? Warum ist Berlin männlich?…).

Wir fahren mit der U-Bahn und müssen die Motz oder den Straßenfeger kaufen. Wenn nicht, fühlen wir uns schlecht, dass wir egoistische Arschlöcher sind und darüber meckern, dass unsere Jim Rickeys kaputt gehen. Wenn wir uns doch nicht schlecht fühlen, versuchen wir den körperlichen Kontakt zu unseren dreckigen Mitmenschen in den zu schmalen U-bahngängen zu vermeiden, da die immer Pickel, Wunden oder Dreck an der Haut zu kleben haben. Wenn wir dies wiedererwartend überstanden haben, steigen wir aus und werden andauernd von kampierenden Assis belagert, doch mal nen Brötchen oder ne Kippe oder 10 bis 20 Cent zu spenden. Wenn wir auch hier „Nein“ sagen, aus sehr überlegten Gründen, werden wird von den Obdachlosen beschimpft und auf akustisch nicht zu verstehende Weise gedemütigt. Dann fühlt man sich irgendwie wieder schlecht. Nachdem wir dann also dreckig geworden sind und uns dreckig fühlen gehen wir weiter unseren Tag entlang und treffen auf Straßenmusiker mit Trompeten und Akkordens, Südländerfrauen mit Baby-Umschnall-und-Kleinkind-an-der-Hand-Haute Couture, denen wir die Kinder abkaufen sollen. Oder Steven Spielberg der im Mülleimer buddelt um einen Rest Double Chocolate Muffin zu ergattern.

Das alles nervt unsagbar und versaut die schöne innere Lebensfreude. Natürlich gibt es Menschen, die sagen, man sollte immer für den Anderen da sein und etwas zum Spenden haben (z.B. Kirchliche, Linke, ebenso arme oder Pseudogerechtigkeitsfanatiker), aber wenn wir das machen, sind wir am Ende des Tages um einen 10er leichter und das dann 7 Tage die Woche ist nicht realistisch oder vertretbar (macht dann auf 12 Monate hochgerechnet 3.360 € für die Assis von eienr Person). Dafür gibt es ja auch Berliner Einrichtungen.

Nun aber schon zum zweiten Mal getroffen:


Den Gitarre spielenden Leadsänger und die nicht tanzende Background-Lady vom unterm „Chicken Döner“ am Hackeschen. Die sind spitze. Wir wissen nicht, ob die obdachlos sind oder nicht, oder ob sie einfach nur gern Sonntags auf diese Art entspannen, bevor die Schule wieder los geht. Tatsache ist aber, dass die nicht stören, sonder erfreuen. Die, okay ER macht live Musik, singt, braucht dazu kein Mikro, geht nicht nach seiner Performance betteln und forciert wieder bewusst ein unwohles Gefühl in unserer Herz- und Magengegend. Der ist spitze. Daher haben wir uns bewusst dazu entschlossen, ist hoffe die nehmen uns das nicht über und verklagen uns, keinen „GosseGuys-Balken“ auf die Augen zu photoshoppen (obwohl man dies hätte auch mit anderen Programmen wie „Seashore“ nicht hätte machen können müssen) und die Beiden zu supporten.

Also: Wenn es euch – wenn es dir auch so geht wie uns und dich die Abzocker mit nachhaltigem Körpergeruch (das kann man auch alles so schreiben, ist politisch nicht inkorrekt, denn es ist so) genauso nerven, dann haltet an eurer Meinung fest. Wenn ihr aber wenigstens einmal etwas street-soziales machen möchtet, dann gebt den beiden Straßen-Mitte-Musikern 0,30 € mit auf den Weg, denn die freuen sich (mit Vermerk, dass die Werbung über uns kam).

Bis jetzt gesehen immer Sonntags ab 12:00 Uhr am Chicken Döner | Hackescher Markt.

ttyialw GosseGuy

Ein Mensch – Ein Fragment

Posted in Ein Mensch - Ein Fragment with tags , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , on 21. Juli 2009 by kayservanzoonen

Wisst ihr, als Schreiberling der eigenen Gedankenwelt ist es manchmal schwer, sich selbst zu sortieren. Ihr ein Thought, da ne Idee. Da muss man nen Plan haben, eine Struktur. Diese nennt der Durchschnittsmensch „Rubrik“. Sie dienen der Orientierung und Übersicht. Wir hassen Rubriken, kommen aber bei so viel Gehirn manchmal nicht drum herum. So haben wir selbstverständlich die dutzenden Artikel über Momentgedanken und -situationen, zum Anderen aber auch die Pee-Spot, die ja unschwer erkennbar eine eigene Rubrik sind. Nun kommt eine neue Nische: „Ein Mensch – Ein Fragment“.

In diesem Bericht geht es um diejenigen auf der Straße und Umgebung, die zu uninteressant für mehr als 30 Wörter waren aber zu spannend, lustig oder assi, um sie komplett rauszulassen. Daher immer ein Bild und ein Gedankenfragment. Nicht zu viel Arbeit, aber dennoch etwas Hirntraining. Immer mal wieder ein Neuer…

***********************

„I need T.P. for my bunghole“ … Beavis is still alive!

***********************

Die „Gute-Bio-Produkte“-Industrie expandiert in den Bereich der Fortpflanzungsforschung! Prototyp eines Bio-Spermums soll Ende des Jahres 2009 auf den Markt kommen

***********************

Gay One-Screen-Wonder trinkend in Mitte. Scheinbar interessiert sich nicht nur Brangelina für ein Domizil in Berlin, sondern auch Brüno.

***********************

„Heute im Flohmarktangebot:

Pinke Crocks, pinkes 3-Rad, pinkes Abendoutfit und ein armes, kleines, dickes 6-jähriges pinkes Mädchen gibt es gratis oben drauf!“

***********************

Dies wurde uns von RV (einem großen GosseGuys-Fan) zugespielt:

„Das Mettwurstmännchen mit Mettwurstmündchen.“

***********************


Waaaaahhnsinn oder? Oliver Geißen kehrt Hamburg den Rücken zu und plant im Prater einen neuen Hauptsitz….das gibts ja gar nicht….

***********************

Short Clue:

Wer in diesem Sommer auch die billigen H&M Flip Flops gekauft hat, wird die Blasen und Schmerzen an den Füßen kennen und wissen, dass das Laufen so manchmal nicht mehr geht. Kleiner Tip unsererseits – einfach nen Zehwechsel hinlegen!

***********************

„Oh oh oh“ (Zitat: Fran Drescher),

Steven Spielberg dreht bestimmt was über Berlin. Bestimmt! Und er castet auf der Straße, oh oh oh, auf der Straße…Steve wir kommen!

***********************

Dachte zuerst, dass ist ne Konsum-Nazijette (Frau + rasierter Kopf + Strähnen = Nazijette | Starbucks + Fred Perry = Konsum), doch dann erleuchtete man mich und sagte, dass das mal wieder einfach nur eine Engländerin sei.

***********************

„Hey Wolverine, morgen dann wieder um 10:00 am Set okay. Schönen Feierabend!“

ttyialw GosseGuy

Die Balustrade der Familie

Posted in ERLEBT!, ERTAPPT! with tags , , , , , , on 15. Juli 2009 by kayservanzoonen

Mein Balkon ist kein schöner. Er hat eine Grundlümmelfläche von circa vier Quadratmetern und ist rechteckig. Durch eine kleine weiße Altbauglastür gelangt man auf die ersten paar Quadratmeter. Auf die Restlichen verteilt ist eine kleine Fensterbank zum sitzen und alles ist umzäunt von einer von außen durchsichtigen Glasfassade. Im Rücken hat man die Hausfassade, in der sich die Abgase der vorbeifahrenden Autos in den Kerben und Ritzen sammelt. Man schaut auf die belebte Straße, die vorbeifahrenden verschiedenen Vehikels und alle Berliner, die die Kreuzung überqueren.

Anfangs war der Wunsch nach einer schönen abendlichen Entspannungsatmosphäre und einer morgendlichen „Wir starten in den Tag mit etwas Frühsonne“ – Bemühungen, vorhanden, aber nachdem diverse Versuche, diesen Teil der schönen Wohnung angenehm zu gestalten fehlschlugen, benutzen wir den Balkon überhaupt nicht mehr. An Silvester vergangenen Jahres haben wir noch alle auf ihm mit unseren Sektbechern angestoßen, hier und da mal auf der Fensterbank gesessen, aber diese pipi-kleinen Rituale erledigten sich sehr schnell wieder, weil der Balkon einfach nicht einladen war.

Der Nutzen und die Freude über ihn waren hinfort.

Nun war meine Familie zu Besuch. Für den einen oder anderen nichts besonderes, für mich aber etwas spektakuläres.

Kurzes Familien-Feedback:

Mutter, Vater, Schwester (10,5 Jahre jünger) vor knapp zehn Jahren (ich war damals 15) in die Schweiz ausgewandert und seitdem sieht man sich maximal zwei mal im Jahr. Daher ist es sehr schön, wenn sie alle zu Besuch kommen.

So eben vor fünf Tagen geschehen und das erste Mal überhaupt ausschließlich bei mir in den eigen vier Wänden. Mein Berliner Leben gepaart mit vermisster Familienidylle.

Immer wenn die Familie zu Besuch kommt, gerät das eigene Leben aus den gewohnten Bahnen. Der selbstständige junge Mann wird wieder ein hilfsbedürftiger (teils fauler) Junge, die Mom putzt mit viel Liebe zum Detail die Wohnung, obwohl dies nicht notwendig ist („…ich mach es eben einfach gerne!“) und das gemeinschaftliche Frühstück wird zum ungewohnten Alltag. All das sind Dinge, mit denen man in den ersten Tagen erst mal wieder umgehen lernen muss. Bei uns war es aber diesmal ganz anders. Frühstück um 10:00 Uhr war schon angesagt, aber kein Zwang. Den Tisch hat der Sohn gedeckt und liebevoll die Eltern geweckt. Danach die kleinere Schwester vom Nintendo DS aus dem Bett gekrault und mit glücklich lächelndem Gesicht ins Wohnzimmer an den Tisch gebracht. Daddy saß schon und genoss das lockere Leben. Die dominierende Hand war diesmal der Sohn. Kein Fauler, sondern einer, der der Familie all die gewöhnlichen Situationen bieten möchte, die für „herkömmliche“ Familie normal sind.

Auch wenn er diesmal nicht komplett aus seinem Leben fiel, ergaben sich aber Augenblicke, in denen durch die Anwesenheit ungewohnter Personen (damit meine ich Personen, die nicht täglich, oder wöchentlich bei einem ein und aus gehen) neue Rituale. So nun auch mit dem angefeindeten Balkon.

Wie schon erwähnt, verschmähten alle Mitbewohner diesen Tag für Tag. Doch die vergangenen Stunden waren anderes. Begonnen hat es damit, dass die Familie eine derartig lebendige, laute und freie Atmosphäre nicht gewohnt war. Reinigungsfahrzeuge mit blickenden Lichtern am Abend. Polizei-, Krankenwagen- und Rettungsfahrzeugssirenen 24 Stunden, quietschende Reifen, brüllende Touristen, redende Einheimische. Also rannte man mal raus, stellte sich an die Brüstung und schaute. Etwas, was wir total „verlernt“ hatten. Erst die Mom auf der Fensterbank, dann die Schwester auf dem einen dreckigen IKEA-Stuhl, dann noch mehr Stühle besorgt, denn der Dad wollte auch mit schauen. So ergab es sich, dass die gesamte Familie mehrmals am Tag Zeit auf dem Balkon verbrachten. Zum Schauen, zum Wundern, zum Reden, zum Genießen, zum Erinnern und vor allem um beieinander zu sein. Dies war eine Situation, die komplett und vollkommen neu für mich war.

Es war sehr schön.

offener Zugang zu fundamentale Sitzflächen am Fenster zum Balkon

offener Zugang zu fundamentale Sitzflächen am Fenster zum Balkon

Grenzenlosigkeit trotz Mauern

Grenzenlosigkeit trotz Mauern

Nun nach fünf tollen Tagen, Tagen der Gemeinsamkeiten, der Faulenzerei, des Unternehmens, des Redens und des „in das Leben des Anderen (egal welches Mitglied) genauer eintauchen und sich wieder intensiv spüren, ist die Familie vom Hauptbahnhof abgereist. Viel zu früh, viel zu schnell verging die Zeit als Einheit und viel zu schnell, verfällt man in gewohnte Rituale. Aussteigen am Hackeschen, Abstecher zu Starbi, rauchen auf dem Weg (obwohl, aus Rücksicht auf die Familie und die kleine Schwester – man ist ja eigentlich ein Vorbild – radikal reduziert), Milch kaufen im Spät-Shop und rein in die leere Wohnung. Eigentlich war ich es dann gewohnt, die Zimmer wieder zum Ursprungsaussehen herzurichten, diesmal aber nicht.

Ich ging durch jedes Zimmer, in denen so viel liebes Leben die vergangenen 120 Stunden war. Fand das silbern glitzernde Armband meiner Schwester auf dem Sofa – „Mist hat sie vergessen“, stellte die Gläser, in denen noch der letzte Schluck Ice-Tea war, in die Küche, ging in das Gästezimmer um zu schauen, ob noch Überbleibsel zu finden waren, schlürfte dann in das zur Verfügung gestellte Mitbewohnerzimmer und entdeckte die drei Cocktail-Fuzzel-Spieße die immer in der Ananas steckten – „scheinbar hat meine Schwester sie zur Erinnerung an ihren ersten Cocktailabend hier hinterlassen“ – schön in Reihe und Glied auf der Hantelbank positioniert und lief danach am Balkon vorbei. Das Gefühl war nicht mehr wie sonst. Ich dachte an die Morgende, die Mittage und die Abende auf ihm. Irgendwie kam Traurigkeit auf. Traurigkeit, die sonst so nicht zu spüren war. Sie war zwar da, aber das Denken zu rational – „Jeder geht eben irgendwann seine eigenen Wege“, Familie kann aber nicht immer so schnell los lassen, schon gar nicht, wenn man sich seit fast zehn Jahren nur 2-3 Mal in zwölf Monaten sieht.

Ich ging raus. Setzte mich auf die beiden, inzwischen von Mutti geputzten Balkonstühle, steckte mir eine selbst gedrehte Zigarette an und dachte an das, was die anderen wohl hier auf dem Balkon gedacht haben. Es kam wieder etwas zurück. Ein Gefühl, eine Situation, eine Emotion, die eben einfach weg war. Natürlich ist es nur ein Balkon, aber was sich auf ihm abspielt, ist eine ganz eigene Geschichte.

Es war eine sehr Schöne.

Nun sitze ich genau hier. Schaue auf den Dreck in den Ritzen, die Bastmatten, die schon seit Jahren in den Müll sollten. Höre den Touristen vor dem Döner-Laden beiläufig zu und finde eine Ruhe, die ich schon lange nicht mehr empfunden habe. Etwas, was eben nur die Familie einem beibringen und auf den Weg mitgeben kann, auch wenn wir erwachsen geworden sind, zu weit weg wohnen oder manchmal im Dschungel der Großstadt und des eigenen eingefahrenen, Ritual oder kein Ritual-Leben versacken, trotzdem einen Platz finden kann.

Ich werde heute noch eine ganze Weile hier sitzen bleiben – Danke hier drei.



ttyialw GosseGuy

Die Schönsten der Schönen!

Posted in ERTAPPT! with tags , , , , , , on 2. Juli 2009 by kayservanzoonen

Es war ein wunderschöner warmer Mittwoch Nachmittag. Ich saß wie üblich in meinem Lieblingskaffeegeschäft und versuchte, Abkühlung in Form eines 0,5l Eisgetränks zu bekommen. Ich schaute mich um und genoss die Menschen. Genoss das Leben. Genoss die Situationen, bis er kam.

Er fiel mir auf Anhieb gar nicht so stark auf. Aus dem Augenwinkel heraus dachte ich etwas gesehen zu haben, wo es sich lohnen würde, noch schnell einen zweiten, dritten oder neunzehnten Blick zu riskieren. Es traf mich so plötzlich wie ein Schlag, dass ich nicht mehr realisieren konnte, wo ich war. Blonde Haare versteckten sich unter einer ozeanblauen, seitlich aufgesetzten Capi. Ein Wasserstoffperoxyd-Lockennest kämpfte sich, ummantelt durch eine Glam-Aura aus Haarspray, krampfhaft unter dem vorderen Teil der Mütze hervor und staute sich zu einem Gewühls aus Gelb. Mein Blick schweifte weiter abwärts. Braungebrannter Teint und amüsante dicke Bäckchen. Eine südseegesonnte Knollnase und dazu die immer zum Moment passend heraus hängende dicke, rote, porentiefe Zunge. Lasziv wandert sie, mit seiner Unterstützung, von der dicken Oberlippen – links – mittig – rechts, nach unten und dann wieder – links – mittig – rechts, bis sie schlussendlich in seinem kleinen, scheinbar sehr warmen, leicht rosé-farbenden Mund verschwand. Sein mit den Jahren und Janines Sonnenstudio gealtertes, eingefallenes Gesicht, sollte jedoch nur der Anfang gewesen sein.

Die visuelle Reise ging noch weiter. Es war noch nicht Schluss. Er war noch nicht komplett aufgenommen. Hat sich noch nicht komplett auf meine Netzhaut gefräst.

Weg vom Gesicht wanderten meine Augen auf seinen Oberkörper. Umhüllt wurde dieser von einem schwarzen Tanktop. Es war eng. Es war so eng, dass jedem der auf besonders eng steht, das Wasser im Mund zusammenlaufen und im Schritt sprudeln lassen würde. Eng ist gar kein Ausdruck. Dezent umklammerte es seine doch trainierten Brüste und staute sich eine Etage tiefer um seinen Bauchnabel. Branchenkenner nennen dieses Bereich auch „den Donut“. Seine Arme waren verziert von neumodisch, trendigen, zum Augenblick passenden Tattoos, die wahrscheinlich den Kontrast zu Wasserstoffperoxid und seiner Männlichkeit aufzeigen sollten.

Wie das im Leben jedoch ist, kommt es immer anders als man denkt. Die Hose. Die Hose – die Hose – die Hose. Ich muss zugeben, dass das Model und die Farbe an sich mal modisch war (2006-2007) und oft auch Anklang im Sportunterricht fand, aber manchmal passen auch die besten Sachen nicht mehr zusammen. In einem Guss ging sein Tanktop in seine Mikro-Shorts über, die die Phantasie förmlich in eine Rakete packte und weit weg ins All schickte. Es blieb kein Spielraum mehr übrig. Es war da! Ein ganzer Wühltisch von 0,99 €-Socken. Wie, als würde man auf einem stillstehenden Sockenlaufband einen Sack nehmen und mit dem Arm alle Socken einsammeln und gut verstauen. Es wunderte mich, dass er nicht vorn über klappte. Es war ein Anblick, der wenn ich eine optische Schmerzgrenze haben würde, mir alle Mocca Frappuccinos der vergangenen fünft Tage als Tischdecke auf meinen Bistrotisch kotzen ließe.

Sein Blick war streng geradeaus, bewusst auf der Suche nach etwas, wahrscheinlich sich selbst und selbstsicher wie das Amen in der Kirche.

Dort lief ein Gesamtbild aus Solarium, absolut fehlerhafter Selbsteinschätzung, kaputten Haaren und einem ekelhaften Auftreten. Ein Selbstbewusstsein, bei dem ich sehr gern mal das Brotmesser nehmen würde und einem Heim voller Menschen, die sich nie trauen nur irgend etwas zu sagen, einen dicken Batzen abgeben würde. Das witzige war, dass hinter diesem Messed-Up-Adonis sein Buddy flanierte. Der war noch einen Zacken schärfer, lasst sich aber schneller beschreiben. Ca. 179 cm groß, dunkler Südländertyp, schwarzer Vollbart, pinkem Lipgloss, einem roten Mini, irgendein Oberteil und dazu rote Signal-Highheels. Getoppt mit der Selben „Schaut-Mich-An-Arroganz“ wie sein Vorläufer.

Bild 1Bild 2Bild 3Bild 4Es war ein Bild für die Götter. Vor allem, weil uns aufgefallen ist, wie schön Berlin momentan ist. Wie schön die Menschen sind. Die Ladys tragen Kleider die wehen und dazu stöckelige Schuhe die schöne Beine machen. Die Herren tragen Hemden, Shirts und Stil, zeigen Brust(haare) und Oberarme, zusammen mit schönen markanten Gesichtern. Selbst die in die Sommerferien abziehende Jugend wird von einem Schleiher des Modebewusstseins umgeben. Ich glaube nicht, dass das nur an der Fashion-Week liegt, denn das wäre schade. Ich befürchte jedoch, dass mein blonder Traumprinz an der Fashion-Week liegt und das wäre sehr peinlich.

ttyialw gosse guy

Pipi-Guide Berlin #4 — Castingallee

Posted in Pipi-Guide Berlin with tags , , , , , , , , , , , , , , , , , , on 28. Juni 2009 by kayservanzoonen

Recycling

Foto0431Tatort:

Hinterhof Kastanienallee, der von wenigen als Chance gesehen wird

Ursache:

1 Flasche Krimmsekt | 1 Glas Weißwein | diverse 6er Bier | kaum Nahrung im Vorfeld

Mögliche Zeugen:

Kaum jemand, denn ist ein Hinterhof | ggf. die gehenden Gäste der verschiedenen Parties

Wenn wir mal alle ganz ehrlich sind. So schlimm ist pissen gar nicht. Ich meine, wir machen das alle und neben all den anderen Sekretfunktionen unseres ausgeklügelten Körpers, ist das noch eine von den vertretbareren. Was man nicht vergessen sollte ist, dass es jeder macht. Ob nun ein Neugeborenes, die schöne sexy Traumfrau oder der Akademiker. So auch alle leuchtenden Erscheinungen in der wunderschönen, teils verschrieenen Kastanienallee / Castingallee. In den etlichen Hinterhöfen, inmitten der vielen Grünglas-, Altpapier- und Gelbe Tonnen-Tonnen, befinden sich die idealen Stellen, um mal den Efeu zu benässen. Geschützt durch die Dunkelheit und dem Wissen, dass die Anwohner davon ausgehen, dass alle die da ein und aus gehen, zum Haus gehören. Wer guckt schon misstrauisch raus, wenn man weiß, sein dicker Nachbar pinkelt ins Eck. Also ideale Pee-Protection-Voraussetzungen und neu entdeckt haben wir bei unserer Recherche den Pee-Spirit. Dieser erscheint immer dann, wenn sich die Urinal-Astral-Geister am Wohlsten fühlen und deuten auf einen 1a Pee-Spot hin.

Bild 2

Bild 3

Bild 4ttyialw gosseguy

Pipi-Guide Berlin #3 — Esmarchstraße, Prenzlberg

Posted in Pipi-Guide Berlin with tags , , , , , , , , on 14. Juni 2009 by MalianMe

Pee-Spot: EsmarchstraßeAfterparty

Tatort / -Zeit:

Direkt am Straßenrand, Esmarchstraße 24 — 14. Juni, 01.12 Uhr

Details:

Bedingt bis gar nicht geeignet für Frauen.

Ursache:

insgesamt 10xPils  | 2x Hefe-Weizen | Vorwand, um Privatparty zu verlassen

Mögliche Zeugen:

Im Grunde niemand, da im Bötzowviertel bereits gegen 22 Uhr sämtliche Bürgersteige hochgeklappt werden.

Ein Pee-Spot, der es kaum wert ist, als solcher bezeichnet zu werden. Hier möchten wir lieber von einer Pee-Area reden. Das Bötzowviertel kommt selbst Berlin-Zuwanderern vor wie ein dunkler Fleck auf der Stadtkarte, ein Niemandsland ohne Nachtleben.

Für das vergnügliche Erleichtern ist dieses Areal ideal für alle schüchternen Pee-Spot-Nutzer – ein Mekka, wenn man so will. Es sollte nicht wundern, wenn in Zukunft ganze Scharen an diesen Ort pilgern. Welch wundersame Riten daraus entstehen sollten, möchten wir uns an dieser Stelle allerdings nicht vorstellen müssen.

pee-spot-esmarch_map


mtfbwy — gosse guy

Pipi-Guide Berlin #2 — Mehringdamm

Posted in Pipi-Guide Berlin with tags , , , , , , , , , , on 11. Juni 2009 by MalianMe

Pee-Spot

Pee-Spot

Frauen & Autos

Tatort:

Hinterhof am Mehringdamm, der von vielen als Abkürzung benutzt wird

Ursache:

Wichtigstes Indiz – 1x Frauenblase  | 4x 6er Becks Normal | zu viele Shots | 7x Gin Tonic | etc.

Mögliche Zeugen:

diverse Schweden | unzählige KdK-Beteiligte | gleichgesinnte Damen | die Partybegleiter

Dieser Pee-Spot wurde uns wärmstens während des „Karneval der Kulturen“ empfohlen. Er eignet sich hervorragend für die trinkfesten Damen dieser Stadt. Es handelt sich hierbei um einen Hinterhof am Mehringdamm. Die blasengeplagte Lady folgt einfach dem langen dunklen Weg. Spähend nach der besten und vor allem geheimsten Stelle zum Damenwasserlassen, passierst du links die Garagenplätze. Auf der anderen Wegseite befinden sich dutzend geschrotteter Autos. Das ist der ideale „Fleck“ zum pissen, denn der Sichtschutz durch die Motorhauben, Fensterscheiben und übereinander gestapelten Autos ist einwandfrei. Einfach mal ins Metal krabbeln und keine Sorge wegen Rostflecken. Die gehen raus.

Pee-Spot

Pee-Spot

ttyialw gosse guys


Spontane Selbstprostitution?

Posted in gosse guys with tags , , on 31. Mai 2009 by MalianMe

Liebes STADTKIND, wir haben Dir nicht einmal Süßigkeiten versprochen und trotzdem spielst du mit uns. So schnell ist man also in aller Munde ohne etwas dafür zu tun. Wir haben’s nicht erwartet – aber spielen da mal mit.

Stadtkind

Liebe Grüße großes S. im dicken B.,

dein Doppel-G.

mtfbwy — gosse guy

Pipi-Guide Berlin #1 — Mittemauer

Posted in Pipi-Guide Berlin with tags , , , , , , on 27. Mai 2009 by MalianMe

Vor ziemlich genau einem Monat haben wir unsere erste Warnung ausgesprochen. Jetzt kommt die zweite – denn wir packen noch eine Schippe drauf und machen einen qualmenden Aufguss mit einer großen Kelle Peinlichkeiten und einem Schuss Intrigen. Jetzt entscheidet jeder selbst, wie lang er oder sie es in dieser brodelnden Sauna noch aushält. Wer zieht zuerst blank? Wir werden sehen…

Mit dem heutigen Tag weihen wir feierlich eine neue Kategorie ein — die neue Kuriositätensammlung, wenn man so will. Ein Service von uns für Dich. Eine kleine Dienstleistung, die Dich absolut nichts kostet — außer vielleicht deine Würde.

Der Pipi-Guide Berlin ist weder szeniges Magazin noch ist er Touristenführer zu den schönsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Vielmehr ist er Geheimtipp für Deine kleinen Indisgressionen. Mehr für Jungs als für Mädchen, aber nicht allein. Es ist nur natürlich, nach dem ein oder anderen Getränk automatisch nach schnellen Lösungen zu suchen. Je nachdem, wo man sich hierbei gerade befindet, schöpft man aus ungeahntem Erfindungsreichtum. Verboten? Aber sicher — Menschlich? Na klar!

Wo man es im Großstadtdschungel „unbemerkt“ verrichten kann und wo man es lieber lassen sollte – das kleine Geschäft – werden wir hier nach und nach zusammentragen.

Teil 1 — Mittemauer

pe-Spot No copy

Tatort:

Schendelgasse | Max-Beer-Straße, Berlin Mitte

Ursache:

anteilig beteiligt an 2x 6er Becks | Wodka-Martini | Wodka-Redbull

Mögliche Zeugen:

Rentner aus Plattenbau hinter dem Pee-Spot | Mitte-Yuppies im szenigen Plattenbau links vom Pee-Spot | Obdachlose in den angrenzenden Gebüschen

Dieser Pee-Spot ist ideal für das schnelle Erleichtern, wenn man(n) auch keine 3m mehr schafft. Er ist zentral gelegen, in szeniger Umgebung [die Alte Schönhauser ist fußnah und der Hackesche Markt nur einige Meter entfernt] aber doch abgeschirmt durch die in der Dunkelheit liegenden Gebüsche ringsrum. Der große Schniepel wird durch eine hüfthohe Mauer ordnungsgemäß verdeckt, sodass auch niemand auf falsche Gedanken kommt.

mtfbwy – ttyialw — gosse guys