Horror, Horden und ein Hauch von Ekel!

Nachdem der gesamte Sommer vom Hurricane, Splash, Rock am Irgendwo und und und bestimmt war und die, die nicht vier Tage am Stück stinken und schwitzen und durch Modderpfützen rutschen wollen, haben nun ihr ganz eigenes kleines Festival gefunden.

Filmfans aufgepasst, das 23. Fantasy Filmfest hat vergangenen Donnerstag angefangen und lockt nun hunderte Film- und Gruselbegeisterte in die Kinos. In der Regel läuft das, während des 18. – 26. August folgendermaßen ab…

1. Man besorgt sich einen Übersichtsplan (per Netz oder in den rumliegenden Magazinen)

2. Dann markiert man sich alle Filme blutrot an, die man sehen möchte. Das Genre ist klar (Fantasy und Horror) aber die Themen variieren von japanischen Zukunftsvisionsstreifen über lesbische Vampire hin zu Blockbustermaterial oder Homemadeschockern.

3. Nachdem man sich dann alle Filme markiert hat, kommt meist das GRAUSAME Erwachen – du kannst in der Woche gar keinen Film um 14:15 schauen, da du ja arbeiten musst. Also reduzierst du alles auf nach dem Feierabend (Beamte ab 12:00 / Normale ab 19:00) und streichst mit einem schwarzen Edding alle „Nicht-Feierabendfilme“ wieder weg. Doch das Schrecken hört nicht auf….

4. Voller Vorfreude und Gruselgeilheit zählst du nun alle Filme durch, kommst auf neun Stück und stellst wieder mal fest: „..eine Karte kostet 8,00 EUR mal neun mach 72,00 EUR fürs Kino!…whaaaattttttttt“. Also wieder kürzen auf das Minimum…kannst die anderen ja auch saugen, oder im ursprünglichen Kinoalltag sehen, oder warten bis sie dir bei Video World ins Gesicht bluten.

5. Dennoch begeistert machst du dich dann Samstag um 14:00 auf den Weg zum CINEMAXX am Potsdamer Platz. Alle deine Freunde denken du spinnst, bei 26 Grad von 15:00 Uhr bis 02:30 Uhr nachts ins Kino zu gehen, aber die wiederum springen unter Drogeneinfluss nackt auf irgendwelchen Ostwiesen mit anderen unter Duschen herum…so anyway…

6. Wohlwissen, dass du nicht der einzige Cineastennerd bist und alle wahrscheinlich schon kleine Kinoschleifspuren vor Freude in ihren Totenkopfschlüpfern haben, bist du schon ganz früh im Kino angekommen. Die Schlange ist noch kurz, du holst eben drei Liter Coca Cola Light und die größte Popi-Packung die es gibt und stellst dich an die ach so schönen roten (wie Bluuttt ahahahhaha) Absprerrkordeln und wartest auf den Einlass.


Doch dann geschieht es…du hörst deinen Mitmenschen zu. Schaust zu lange, zu oft, zu genau hin. Da ist eine dicke Lesbe mit pink-weißen kurzen angeklatschten Haaren. Sie ist mit drei in schwarz gekleideten, mit Schuppen übersäten Gruftimännern unterwegs. Nur Sie redet. Darüber, wie fies es ist, dass die armen Kinomitarbeiter die Kinotür immer wieder auf und dann wieder zu machen: „…das machen die nur, weil die einen scheiß Job haben und uns ärgern wollen!“ (Ich möchte sie hier gern die pinke-Gruftilesbe nennen = pGE)…Weiter fragt sie lauthals ihren blassen Unterweltkollegen: „Was macht eigentlich dein Knoten in der Brust? Ist der schon besser geworden?“ In diesem Moment schaute ich auf den Mann und seinen Knoten (=MK) und bemerkte: „boahhh MK du hast Männerbrüste!“…okay pGE-Thema abgehackt.

Ich bin ein umgänglicher Junge und warten macht mir auch nichts aus. Die Kinovorhalle füllte sich binnen eines kleinen Augenwinkerns um 200% mit Pendants der pGE…Ich immer noch in meiner Schlange wartend, mit meiner drei Tonnen Coca Cola Light Packung fest in meinen drahtigen Fingern gespannt. Meine andere Hand umklammerte mein salziges Popcorn und schwitzte so langsam das Papier weg (wahrscheinlich auch der Schweiß der Anderen, denn es war heiß zwischen uns allen….).

In meinem Nacken spürte ich einen warmen, feuchten Hauch ekelhaften Atems. Ich hörte ihn schon zuvor ab und an zu, wenn die pGE nicht rumkrakelte. Er war größer als ich – ca. 195 cm. Lange, lockige, fettige mit Ausdünstungen getränkten schwarze Haare. Er trug ein schwarz weiß kariertes Hemd, welches nur mit einem Knopf oberhalb des Bauchnabels zusammengehalten wurde. Die drei Brusthaare waren deutlich für jedermann sichtbar. Seine Trichterbrust auch. Sein Bauch kam nach vorne hervor und seine Hände waren riesig. Dieser Mann atmete mir permanent in den Nacken und seine aufrecht gestellten (wahrscheinlich vor Aufregung) und feuchten Armhaare berührten alle drei Minuten meinen Arm…Dieser Mann meinte zu seiner weitaus älteren Freundin: „Es wäre doch voll lustig, jetzt hier mit einer Kalaschnikow in die Masse zu schießen. Dann könnten wir schnell vor laufen und wären als erster im Kino. Ein Blutbad ist witzig!“


Das war der Moment, wo es für mich gegessen war. Es kreuzte noch eben ein kleiner mitte Zwanzigjähriger in einem grünen T-Shirt ohne Hals, nur Kinn und kleinen Hängebrüsten und schwarzem Oberlippenbart meinen Weg und schon wurden die Tore zum Saale geöffnet und die Horrorkloppis losgelassen. Es wurde geschoben, gebrüllt, gepöbelt, geschwitzt, berührt, verschüttet, angeatmet und und und…Als ich in meinem Platz saß, realisierte ich folgendes:


„Ich war nie ein Musikfestivalfreund. Das ist einfach nichts für mich. Ich habe mich riesig gefreut, auf das Fantasy Filmfest 2009 und habe nach langem hin und her wegen der Spielzeiten und des Geldes und der Mühe, mich doch entschieden dahin zugehen. Nachdem ich letztes Jahr nur ein Film sah, freute ich mich auf dieses Jahr ganz besonders. Aber ich realisierte auch, dass die Mehrheit der Leute diese Woche nutzten, um sich komplett auszuleben und einmal aus ihren Vampier-, Grufti-, Splatterhöhlen raus zu krauchen und auf die echte sozialisierte Welt losgelassen werden. Es war der reinste Horror. Sowohl die Filme, als auch die Menschen. Mit Sicherheit kann man dieses Verhalten durch Platzreservierungen eindämmen, aber was dort mit mir in den Warteschlangen stand, erinnerte mehr an eine Mischung aus Lan-Party-People und skurrilem Zirkus.

Ich denke nächstes Jahr werde ich vorbereiteter sein, um genauer diese Spezies zu untersuchen, doch besteht schon allein bei diesem Gedanken die Gefahr, dass ich einer von denen werde…oder es schon bin?

(die Hauptperson läuft langsam die nebelige Straße der Kleinstadt herunter, das Beil auf dem Boden schleifend, wissend, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist!)

ttyialw GosseGuy

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